Schnitterfest

Irisch:  Lugnasad (auch Lughnasadh)
Angelsächsisch: Lammas ( loaf-mass; “die Messe des Brotes”, loaf = laib)
Der Schnitter: historische Berufsbezeichnung für einen wandernden Landarbeiter und Erntehelfer

In der Natur vollzieht sich ein Wandel. Obwohl die Sonne mit ungezügelter Kraft vom Himmel brennt, wie das flammende Haar Lokis, hat sie ihren Höhepunkt längst überschritten. Die Dunkelheit will den Tag wieder für sich beanspruchen. Auch wenn die Sonne noch die Überhand behält und wir kaum etwas bemerken, neigt sich die Sonne ihrem Ende zu und die Tage werden wieder kürzer. Die brennende Sonne trocknet die Böden aus und leitet eine Periode des Absterbens ein. Ab und zu jedoch wird es merklich kälter. Die Ernte wird eingefahren und der Wein bekommt die letzte Note.

Das Schnitterfest ist das Fest der Getreideernte im August, weswegen der Monat auch als Ernting bekannt ist. Es ist das Fest der ersten Ernte im Jahr und markiert das Ende der Reifezeit. Der Zeitpunkt des Festes ist der 8. Vollmond im Jahreskreis, genau genommen der 2. Vollmond im Ernting. Die Wurzeln des Festes liegen also in einem traditionellen landwirtschaftlichen Selbstverständnis begründet.

Das Schnitterfest ist regional unter verschiedenen Namen bekannt. So nennt man es beispielsweise Sichelhenke, Saathahn oder Schnitthahn. Andere Bezeichnungen sind Niederfallet, Sichellege, Haberkranz, Erntebier, Bautån oder Erntekranz.

Die verwendeten Symboliken sind die Schwanzfeder des Hahnes, die Sichel und der Getreidebüschel. Die Sichelform der Hahnenfeder steht in direkter Verbindung mit der zur Ernte verwendeten Sichel. Am Beispiel des schwäbischen Märchens „Der Hahn mit den Goldfedern“ hielt die Feder hier Einzug in die Volksliteratur. In den Farben rot, gold und weiß, oder als Hutschmuck ist die Hahnenfeder auch bekannt aus vielen anderen Volksagen. Mit seinem Weckruf steht der Hahn, stellvertretend für die Zeit des dämmernden Morgens und des Überganges. Er verkündet das Licht und verscheucht die Nacht. Er ist das Symbol für Wandlung und Transformation.

Bei den Germanen ist die Farbe rot eine Assoziation mit dem Fruchtbarkeitsgott Thor / Donar. Er ist der Freund der Bauern und soll das Riesentreiben in den Gauen bekämpfen und verhindern, auf daß die Unholde die Ernte nicht zertrampeln. Thor spiegelt die Hoffnung der damaligen Bauer wieder, daß ihre Ernte nicht vom Hagel, personifiziert durch die Riesen, zertrümmert wird. Hunger und Elend würden hereinbrechen. Deswegen ist der Dankaspekt beim Schnitterfest dem Bittaspekt untergeordnet. Bis zum Herbstfest (Tag und Nachtgleiche, 2009 am 22. Scheiding) ist noch nicht alle Ernte eingebracht. Erst wenn sie vollzogen ist steht der Dankaspekt wieder vor dem Bittaspekt. Man sieht hier deutlich wo der Unterschied zwischen diesen beiden Erntefesten liegt, welche leicht zu verwechseln sind. Trotz aller Freude und Ausgelassenheit wird einem die Vergänglichkeit und all die Gefahren die der Ernst des Lebens bereit hält bewusst. Deswegen ist auch die Sense, welche jedem vom Sensenmann bekannt ist, ein Todessymbol.

Verschiedene Praktiken

Passend zu diesem Fest sind die Geschichten aus der Prosa-Edda Skálskarparmál und Ägisdrekka (Ägirs Trinkgelage).Wenn man nach der Kornernte das erste Brot rituell verzehrt nennt man das Haustblot (Haust = Herbst), da man davon etwas als Dankopfer darbrachte als Garant dafür, daß die folgenden Bitten erfüllt werden. Dazu aß man Früchte und Beeren. In der Regel gingen die Opfer an Freya, stellvertretend für die Fruchtbarkeit der Erde, an Thor, oder generell die Vanengötter für Ernte und Frieden. Vielerorts wird heutzutage noch eine Kornpuppe verbrannt. Ein weiterer alter Brauch, der heute noch von Anhängern des Christentums praktiziert wird ist, daß man Kräuterbüschel einsammelt und diese auf Prozessionen mit sich trägt. Man lässt diese trocknen und verwendet sie später zu Samhain (siehe Bericht Samhain) als Räucherwerk. Bis in das 19. Jahrhundert gab es den Brauch das Vieh durch ein Gewässer zu treiben um es im kommenden Jahr vor Krankheiten zu schützen. Mancherorts wird auch noch die Tradition gepflegt, den letzten Getreidebüschel eines geernteten Feldes stehen zu lassen, oder den allerersten Büschel getrocknet in der Stube aufzuhängen.

Das überlieferte Erntelied „He-jo! Spannt den Wagen an“ ist ein Kanon zu drei Stimmen und passt in dieser Jahreszeit bestens zu allen Feierlichkeiten im Kreise der Familie und Freunde:

He-jo! Spannt den Wagen an,
Seht der Wind treibt Regen über’s Land!
Holt die goldnen Garben,
Holt die goldnen Garben!

Zum Schluß

In Zeiten der Globalisierung, der Kaufhallen, Supermärkte und des Konsums mag es uns anachronistisch vorkommen solch ein Fest zu feiern. Kaum mehr ein Mensch, gerade wenn er in der Stadt lebt, hat Bezug zum Jahreskreis. Von Feld und Korn ganz zu schweigen. Im Sommer knallt einem zwischen den Betonpfeilern die Sonne auf den Kopf und im Winter dreht man die Heizung auf. Früchte werden nicht nach der Saison gegessen, sondern sind in den Konsumhallen im Überfluß das ganze Jahr über zu erhalten. Die Folge sind Übergewicht und Depressionen. Kaum etwas kann uns „moderne Menschen“ noch befriedigen, sind unsere Sinne doch bereits vollständig von den bunten Angeboten überreizt. Und anstatt daran etwas zu ändern, verlangt der Mensch nach mehr, mehr und immer noch mehr. Er huldigt dem Konsum, dem Vetter des Egoismus, ohne nur im Geringsten daran zu denken welche Folgen das haben könnte. Unsere Umwelt wird immer mehr vergewaltigt und die Böden mit Dünger verseucht. Genmanipulierte Nahrung wird gepflanzt um eine immer größer werdende Masse von allesverschlingenden Konsumenten zu sättigen. Mit Befriedigung hat das alles nichts zu tun, denn Ziel der kapitalistischen Ausbeutung ist es nicht den Menschen zu befriedigen, sondern ihn dazu zu verleiten, besser gesagt zu zwingen, wie ein Moloch die Welt zu verschlingen.

Unsere Kulturbeiträge sind keine politische Kampfansage, sondern ein Appell an die Menschen, egal welcher Couleur, daß sie sich eines besseren besinnen. Daß sie das Korn wieder ehren und auch den Boden auf dem es wächst. Es ist traurig wenn immer erst Zeiten der Not und des Hungers hereinbrechen müssen um uns klarzumachen was Wertschätzung eigentlich ist. Und genau in diesem Moment werden wir auch erkennen was es bedeutet zu teilen. Jeder, der von einer Sache überzeugt ist und diese versucht seinen Mitmenschen zu vermitteln (Damit spreche ich auch unsere politischen Gegner an, die diesen Text gerade lesen), kennt vermutlich das Gefühl bei vielen gegen eine Wand zu reden. Und wenn man endlich glaubt, daß es die Person es verstanden hat, geht sie zur Tür heraus, schaltet zu Hause den Fernseher ein und alles ist wieder vergessen. Der Mensch wird erst verstehen, wenn es ihm schlecht geht. Erst dann wird er den Wert der Führung und Traditionen wieder für sich erkennen. Erst dann wird er verstehen, wieso das Volk zum Boden, wieso der Mann zur Frau und das Kind in die Familie gehört. Wieso man zusammen speist und dankt. Es erfüllt mich mit Schmerz, daß erst die Notwendigkeit der Initiator für Dankbarkeit und Wertschätzung ist. Es erfüllt mich aber mit Zuversicht, daß uns immer mehr Menschen zuhören und den Fernseher beim nach Hause kommen nicht anschalten, sondern zertrümmern und auf den Sperrmüll werfen.