Königlich preußisches Amtsgericht Rheinberg


Ende einer Deutschenverfolgung

 

Dienstag, der 16. August 2011, der dritte Verhandlungstag im Strafprozeß gegen Rüdiger Kung läuft am Amtsgericht Rheinberg. In dem hübschen Landstädtchen selbst, im linksrheinischen Teil des Kreises Wesel gelegen, ist die Welt oberflächlich betrachtet noch halbwegs in Ordnung. Laut Anklage soll der Deutsche den türkischen Kurden Ferzaly Karatay am 30. September 2008, dem muslimischen Zuckerfest am Ende des Ramadan, mit einem Teleskopschlagstock auf den Schädel krankenhausreif geschlagen haben. Vorgeblicher Täter und vorgebliches Opfer, beide im rüstigen Rentenalter, waren damals direkte Nachbarn in einer Zechensiedlung auf der Ringstraße in der vom Kohlebergbau geprägten Nachbarstadt Kamp-Lintfort.

Der Kurde tritt auch als Nebenkläger auf, vertreten durch Rechtsanwalt Manfred Gregorius aus Essen. Dieser schickt jedoch an den entscheidenden, den letzten beiden Prozeßtagen einen Zuarbeiter vor, einen nicht mehr ganz jungen Assessor. Dessen Einlassungen wirkten auf Fachleute ein wenig unbedarft und recht lehrbuchhaft. Ein entscheidendes Faktum darf nicht unerwähnt bleiben, Ferzaly Karatay verlangt nicht nur die Bestrafung Kungs sondern auch 10.000 Euro Schmerzensgeld von ihm. Und dies ausdrücklich nur vorläufig, denn der Sippenchef klagt über Schwindelgefühle und mehr.

Umstände und Vorgeschichte der – überneutral ausgedrückt – Massenschlägerei, die nun nach drei langen Jahren zum Prozeß gegen einen einzigen der damals Beteiligten gebracht wird, lassen gewisse Absichten vermuten. Sollte hier die deutsche Familie aus dem eigenen Hause getrieben werden? War sie über die Jahre zum störenden Fremdkörper in einem der sich überall bildenden „Neuanatolien“ geworden? Wenn, dem Vorurteil der politischen Klasse gemäß, wirklich einmal ein Deutscher Täter an einem der Millionen zählenden Landnehmer geworden sein sollte, wird doch stets sofort und unverzüglich und unter viel Gutmenschengeschrei ein Exempel statuiert.

Die deutsche Familie, vier erwachsene Söhne gehören auch dazu, erweist sich seit vielen Jahren als standfest. Ist Familie Karatay deswegen mittlerweile einige Häuser weitergezogen? Jedenfalls ermöglichte ihnen der Hausverkauf, das Honorar ihres Rechtsvertreters selbst zu übernehmen. Das Gericht lehnte nämlich, auf diese Einnahmen aufmerksam gemacht, eine Übernahme auf unser aller Kosten, Staatskasse genannt, ab.

Die Prozeßbeobachter des Krefelder Forums Freies Deutschland, in geschlossenem Dutzend in den Saal eingerückt, haben am 16. August 2011 gerade die Vernehmung von Bahaddin K. und Muhammet K. mit Spannung genossen. Da ordnet der souverän waltende Amtsrichter Kloos eine fünfzehnminütige Verhandlungspause an. Auch diese zuletzt vernommenen Zeugen der Anklage aus Familie und Umfeld des Nebenklägers und vorgeblichen Opfers haben sich nämlich reif für die Anzeige wegen Falschaussage geredet. Mit denen vom zweiten Verhandlungstag sind es nun insgesamt fünf. – Wie sich bald herausstellen soll, wird der Richter weiteren die Chance nehmen, sich ins Gefängnis zu reden.

Deren Aussagen verliefen immer nach dem gleichen Muster. Die Zeugen konnten sich jeweils sehr detailliert und zweifelsfrei daran erinnern, wie Kung Senior unvermittelt von hinten auf Karatay Senior zuging, um ihn mit einem Teleskopschlagstock oder ähnlichem auf den Schädel zu schlagen. Auf einen Warnschrei von Karatays Ehefrau hin drehte sich dieser um, bekam den Schlag auf die Stirn und ging zu Boden. Er blutete und laut seiner Aussage vor Gericht vom zweiten Verhandlungstag setzte sein Erinnerungsvermögen erst im Krankenhaus wieder ein. Soweit die „bezeugte“ Geschichte in Kurzform.

Problem Nummer eins der türkischen Zeugen ist jedoch, daß sie – jeweils in leicht wechselnden Konstellationen – eine Woche nach dem „Familienstreit“ vor der Polizei ihre frischen Erinnerungen zu Protokoll gegeben haben. Diese Aussagenprotokolle widersprechen jeweils ihrem vor Gericht auf wundersame Weise geschärften Erinnerungsvermögen in wesentlichen Teilen. Der Türken Problem Nummer zwei ist darüber hinaus, daß Rechtsanwalt Manfred Gregorius ein Jahr nach der Massenschlägerei in eifrigem Streite für seinen Mandanten schriftlich eine ausführliche Schilderung des Geschehens abgegeben hat. Die darin typischerweise in wörtlicher Rede wiedergegeben Aussagen der besagten Zeugen widersprechen nun erneut in wesentlichen Teilen denen vor Gericht bzw. vor der Polizei. – Nicht nur dies ist dem äußerst langwierigen Vorgehen der Staatsanwaltschaft zu verdanken.

Vorbehaltlich zukünftiger Erkenntnisse aus den Strafprozessen wegen uneidlicher Falschaussage vor Gericht, die nach rechtsstaatlichen Grundsätzen zu erwarten wären, können die Prozeßbeobachter gewisse Fragen nicht verdrängen. Wurden die Zeugen der Anklage vor der Verhandlung einheitlich konditioniert? Geht die treue Ergebenheit zum Chef der Sippe den wiederholten und konkreten Ermahnungen und Belehrungen des Richters vor? Wiegt die anatolische Sippensolidarität schwerer als Wahrheit und Rechtsstaat? Ein Dank muß hier auch an Rechtsanwalt Gregorius’ Assessor gehen, der in keiner Weise versucht hat, das Aussageverhalten seiner Zeugen zu verschleiern, zu relativieren oder zu korrigieren.

Über dem gesamten Prozeß schwebt eine nur zu fühlende Gewitterwolke. Bei den Ermittlungen von Staatsanwalt Hackfurth aus Moers und bei den Aussagen der bis zu diesem dritten Verhandlungstag gerichtlich vernommenen Zeugen der Anklage gibt es nur den einen, nur den überfallartigen vorgeblichen Schlag des Deutschen auf den Kurden. Von Vorgeschichte und Kollateralschäden ist nichts zu vernehmen. Einzig ein junger Deutscher, der aber erst nach den Schlagattacken auf Vater, Mutter und Söhne Kung und nach der Verletzung von Ferzaly Karatay zum Tatort kam, konnte bis dahin dem Gericht sein deutlich abweichendes Erleben darstellen.

Rüdiger Kung hatte jedoch schon bei seiner ersten Befragung durch den Richter angekündigt, zum geeigneten Zeitpunkt zu dem Geschehen, zu seinen eigenen massiven Verletzungen (mehrere Knochenbrüche), zu den Verletzungen seiner Frau (dauerhaft zertrümmerter Armnerv) und zu denen seiner Söhne (Nierenquetschung, Prellungen) ausführlich auszusagen. Auch wurde beantragt, diese Familiemitglieder und die behandelnden Ärzte zu vernehmen. Jedenfalls haben der erfahrene Verteidiger, Rechtsanwalt Stephan Jellacic aus Krefeld, und Kung Senior wohl auch nach Einschätzung von Richter Kloos noch einige Munition auf Lager.

Der Richter hatte eine Unterbrechung von fünfzehn Minuten verkündet, für eine nichtöffentliche Beratung, mit Staatsanwalt, Nebenklägervertreter-Vertreter und Verteidiger. Diese geheime Beratung im öffentlichen Prozeß dauert und dauert. Schließlich, nach fünfzig Minuten, wird die Verhandlung wieder öffentlich fortgesetzt. Richter Kloos verkündet, man habe Rechtslage und Beweissituation erörtert. Er überlege, das Verfahren mit Zustimmung des Staatsanwalts nach § 153 Strafprozeßordnung einzustellen, wegen Geringfügigkeit der Schuld und nicht vorhandenem öffentlichen Interesse.

Auf Alltagsdeutsch: Rüdiger Kung ist unschuldig! Der Richter hat natürlich auch kein Interesse an Verhandlungen über Monate hinweg. Der Richter hat sicherlich auch keine Lust, sich mit der Katastrophe der staatsanwaltlichen (Nicht-)Ermittlung abzumühen. Der Richter hat bestimmt auch keinen Sinn, tagelang am Urteil und seiner Begründung zu schreiben. Und der Richter kann kein Interesse daran haben, daß sein Urteil vom offensichtlich klagefreudigen (viele Advokaten lieben Honorarrechnungen über alles!) Rechtsanwalt Gregorius per Berufung zur Prüfung an das Landgericht Kleve geht, dessen mäßiger Ruf dem der Krefelder Justiz nahekommen soll. Kurz, Amtsrichter Kloos sieht über Monate hinweg seinen Feierabend gefährdet. Und er wird ja nicht nach Stunden bezahlt.

Kloos vergönnt Rüdiger Kung – im Kontrast zum bisherigen Verhandlungsverlauf und zur Länge der geheimen Beratung der Berufsjuristen – keine fünf Minuten, das Angebot anzunehmen oder abzulehnen. Schließlich, im Vertrauen auf seinen sich als sehr geschickt und kompetent erwiesenen Anwalt Jellacic, stimmt Kung schließlich zu. Dies zum absoluten Ärgernis von Gregorius’ besagtem Assessor, der sich daraufhin mit dem Richter anlegt. Nach heftigem Disput gewährt ihm dieser schließlich vierundzwanzig Stunden Zeit für weitere Anträge.

Noch am selben Tage stellt Gregorius den Antrag, weitere drei Zeugen zu laden, zusätzlich zu der noch nicht erschöpften anfänglichen Liste der Anklage. Weiterhin lehnt er in einem wortreichen Schriftstück „den Vorsitzenden Richter am Amtsgericht Kloos wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. … der Vorsitzende Richter könne die Rechte und Belange des Nebenklägers nicht in einer unvoreingenommenen Weise in seiner richterlichen Tätigkeit behandeln.“

„Richter am Amtsgericht Kloos“ stellt in seiner schriftlichen Stellungnahme fest: „Die Ausführungen in dem Ablehnungsantrag geben den Verlauf der gestrigen Sitzung nur zum Teil richtig wieder. … Bei der von mir gewählten Verfahrensweise vermag ich den in dem Ablehnungsantrag vorgetragenen Eindruck des Nebenklägers, das Verfahren solle mit besonderer Eile ohne Urteil erledigt werden, nicht nachzuvollziehen. Dem Eindruck, dass ich bereits in der Sitzung zu einer bestimmten Einstellungsentscheidung fest entschlossen gewesen sei, trete ich mit aller Deutlichkeit entgegen. Ich halte mich nicht für befangen.“ Der Prüfer, Amtsrichter Lomme, lehnt daraufhin den Antrag ebenfalls in aller Deutlichkeit ab, da objektiven Gründe für eine Befangenheit nicht ersichtlich seien.

In Folge wird das Verfahren gegen Rüdiger Kung eingestellt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse (wir alle). Jedoch muß Rüdiger Kung für das von seinem Rechtsanwalt wohlverdiente Honorar selbst aufkommen. Hat man schon einmal gehört, daß ein Staatsanwalt um Entschuldigung bittet oder gar für die von ihm verursachten Kosten aufkommt? Allerdings hat Staatsanwalt Hackfurth während des Prozesses alsbald Besserung gezeigt und seine eigenen Zeugen auch selbst sehr kritisch befragt.

Aber auch Ferzaly Karatay hat als Nebenkläger und für die Schmerzensgeldforderung (Adhäsionsantrag) seine Rechtsvertretung selbst zu bezahlen. Es darf davon ausgegangen werden, daß Rechtsanwalt Manfred Gregorius aus Essen die Erwartung seiner türkisch-kurdischen Mandanten nicht besonders gedämpft hat, die 10.000 Euro Leidentröster und mehr zu gewinnen. Wie müssen die Karatays enttäuscht sein, ihre augenscheinlich auch nach Auffassung des Gerichtes weniger kompetente Prozeßvertretung und Prozeßvertretung-Vertretung selbst begleichen zu dürfen. Ist es unplausibel, daß sich diese Enttäuschung in den Kreisen der Türken und vieler anderer Ausländer herumspricht und sich das am Ende gar geschäftsschädigend auf Gregorius’ Kanzlei auswirkt?

Kommentar des Verfassers:

Erste Pflicht eines preußisch-rechtsstaatlichen Staatsanwalts wäre es gewesen, Entwicklung und Vorgeschichte der Massenschlägerei und der vielfachen schweren Körperverletzungen aufzuklären und ganzheitlich darzustellen. Dann hätte das Gericht das Verhalten der Beteiligten beider Seiten strafrechtlich würdigen können, mit Verurteilungen bzw. mit der Zuerkennung des Notwehrrechtes. Die massiven Körperverletzungen der deutschen Familienmitglieder hätte auch die Prüfung erfordert, ob hier nicht mehrfacher versuchter Totschlag vorliegt – eine Angelegenheit für das Landgericht. Das alles hat die Staatsanwaltschaft hintertrieben.

An dieser Stelle soll statt jeden weiteren eigenen Wortes nur König Friedrich II von Preußen zitiert sein: „Vor Schelme, die den Mantel der Justiz gebrauchen, um ihre üble Paßiones auszuführen, vor dieser kann sich kein Mensch hüten, die sind ärger wie die gröbsten Spitzbuben, die in der Welt sind.“ (zitiert nach http://www.suendenregister.de/?p=36).

 

Jedoch hat Staatsanwalt Hackfurth im Verlaufe der mündlichen Verhandlungen praktische, faktische Besserung gezeigt. „Also“ steht geschrieben bei Lukas 15,7, „wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, vor neunundneunzig Gerechten, die der Buße nicht bedürfen.“

Anmerkungen:

  1. Das Verfahren hat das Aktenzeichen 4Ds 218/10 905 Js 663/08 (AG Rheinberg).
  2. Wegen des langen Nachlaufs zur Behandlung des Befangenheitsantrages gegen Richter Kloos und damit bis zur amtlichen Verkündung der Verfahrenseinstellung und aus weiteren juristisch-taktischen Gründen ist der vorliegende Bericht nur scheinbar verspätet veröffentlicht worden.
  3. Von Seiten der deutschen Opferfamilie laufen diverse Verfahren wegen Schadenersatzes und Schmerzensgeldes gegen verschiedene Mitglieder und Mitgliederinnen der Familie Karatay. Dies wurde erst sinnvoll durch die o. a. Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO. Im Falle der Klage gegen Bahaddin Karatay hat das eingestellte Verfahren sogar das Geständnis des Beklagten geliefert. Von Verteidiger Jellacic während der Zeugenaussage in die Enge getrieben, hat der Sohn des Clanchefs vor der Kammer eingestanden, die Familie Kung mittels eines Gegenstandes angegriffen zu haben. Inwieweit dies der Familie Kung nutzt, muß offen bleiben. Familie Karatay macht anscheinend einen längeren Türkeiurlaub. Jedenfalls mußte der Gerichtsvollzieher dieser Tage vor ihrem neu erworbenen Hause – zunächst? – unverrichteter Dinge wieder abziehen.
  4. In einer Prozeßpause stellte sich Dr. Hans-Ulrich Höfs vom NKWD, dem „Niederrheinischen Komitee für Wehrhafte Demokratie“, dem Staatsanwalt vor und bat ihn um dessen Namen, einfach der sorgfältigen Berichterstattung wegen und zur Herstellung von Gegenöffentlichkeit bei Polittribunalen bzw. diskriminierenden Prozessen. Üblicherweise mögen es Staatsanwälte nicht, mit ihrem Namen für Ihr Werk zu stehen. So auch hier. Der Staatsanwalt, nach unseren Erkenntnissen Dieter Hackfurth von der Staatsanwaltschaft Moers, verweigerte sich, seinen Namen zu nennen. Er verbat es sich sogar ausdrücklich, bei der Berichterstattung mit Namen erwähnt zu werden. Dieser Wusch ist aus seiner Sicht verständlich. Genau deswegen kann ihm aber nicht entsprochen werden. Nun hat es der Berichterstatter jedoch satt, durch kriminalistische Arbeit letzte Zweifel an der Identität eines Politjuristen zu beseitigen. Falls der Name des verantwortlichen Staatsanwaltes hier und in diesem Zusammenhange also auszutauschen sein sollte, ist das Krefelder Forum gerne dazu bereit. Die Kontaktadresse steht im Impressum der Internetseite.
  5. Die bisherigen Berichte über politische bzw. diskriminierende Gerichtsprozesse neuerer Zeit in Krefeld und am Niederrhein finden sich unter:
    http://www.krefelder-forum.de/2011/03/23/kempen-prozes-wird-rohrkrepierer-der-politjustiz/
    http://www.krefelder-forum.de/2010/09/19/neuer-prozes-des-monats-in-krefeld-in-vorbereitung/
    http://www.krefelder-forum.de/2010/05/19/%E2%80%9Eali-mehmet-mustafa-geht-zuruck-nach-ankara%E2%80%9C-nun-auch-in-krefeld-bedingt-erlaubt/
    http://www.krefelder-forum.de/2010/04/16/Ekriminelle-zu-klein-schreiben-bedingt-erlaubt/
    http://www.krefelder-forum.de/2010/03/19/zu-klein-geschrieben-1800-e-geldstrafe/
    http://www.krefelder-forum.de/2010/01/28/verhandlung-gegen-burgerrechtler-in-krefeld/