Meinungsverschiedenheiten in der US-Spitze

Während die Zeit herannaht, an der die Großoperationen der ausländischen Kräfte und der afghanischen Militärs gegen die Stellungen der Taliban-Milizen in der Provinz Khandehar beginnen sollen, gehen weiterhin die Meinungen der politischen und militärischen Positionsträger der USA über den Afghanistankrieg auseinander.

Die Absetzung General Stanley Mc. Chrystals , des ehemaligen Befehlshabers der ausländischen Kräfte in Afghanistan durch US-Präsident Barack Obama verdeutlichte dies.

Die Äußerungen General Chrystals über zwei politische Positionsträger der US-Regierung in seinem Interview mit der Zeitschrift Rolling Stone, die Barack Obama als Grund für die Absetzung dieses  erfahrenen Generals der US-Armee diente, sind  Teil der klaren Meinungsunterschiede zwischen den Militärs und den Politikern der USA hinsichtlich des Afghanistan-Krieges.

General Chrystal meinte  in seinem Gespräch mit Rolling Stone auf die Frage über die Zweifel des US-Vizestaatspräsidenten Joe Biden hinsichtlich der Kriegsstrategie in Afghanistan, wer Biden denn sei und ob er der Vize des Staatspräsidenten wäre?

Der abgesetzte Befehlshaber der ausländischen Militärkräfte in Afghanistan verwies darauf, dass der US-Botschafter in Kabul, Karl Eikenberry  gegen seine Kernstrategie einer Aufstockung des Truppen- und Waffenkontingentes in  Afghanistan war.  Er bezichtigte diesen Diplomaten des Weißen Hauses des Verrates.

Indem er den Verrat des US-Botschafters näher beschrieb erinnerte er an eine Notiz Eikenberrys aus dem Jahre 2009, in der er die Strategie General Chrystals hinsichtlich einer Steigerung der Kräfte in Afghanistan in Frage stellte.

Chrystal sagte, dies sei eine Taktik von  Eikenberry gewesen, mit der er seinen Ruf in der Geschichte wahren wollte. Er sagte, dieser US-Diplomaten wollte, dass er  bei einer Niederlage der USA in Afghanistan sagen kann, dass er vorher vor einem solchen Ausgang gewarnt hat.

Die Veröffentlichung dieses Interviews hat die hohen Positionsträger im Weißen Haus, darunter Barack Obama , sehr verärgert. Chrystal wurde wegen der Verhöhnung von  politischen Positionsträgern am vergangenen  Mittwoch in das Weiße Haus einbestellt. Er konnte Barack Obama keine zufriedenstellende Erklärung geben. Allerdings wurde bereits bei der Einbestellung von General Chrystal ins Weiße Hause erwartet, dass sich dieser hohe Positionsträger der US-Armee  selbst bei logischen Begründungen  nicht mehr als Befehlshaber in Afghanistan halten kann.

Angesichts des Druckes, den einige US-Politiker hinsichtlich der Absetzung von General Chrystal ausübten, hat Obama eine Einbestellung inszeniert, damit es nicht heißt, dass nicht er, sondern andere über den Rücktritt Chrystals entschieden hätten.  Die Äußerungen, die Obama einige Minuten nach Abschluss des Einbestellungstreffen mit General Chrystal vor den Reportern im Hof des Weißen Hauses machte, zeigen , dass der US-Präsident in einer Atmosphäre der Zerstrittenheit zwischen den Politikern und hohen Militärs dieses Landes  bei der Festlegung einer Strategie für den Afhanistan-Krieg dafür sorgen soll, dass sich die Politiker gegenüber den Militärs durchsetzen.

Obama ließ Â in diesem Zusammenhang durchblicken, dass das Vorgehen von General Chrystal die Gefahr mit sich bringt,  dass die Kontrolle  der Nicht-Militärs  über die US-Armee, welche in der demokratischen Ordnung in diesem Land oben ansteht, allmählich abnimmt.

Einige  Sachverständigen glauben, dass die Absetzung General Chrystals die Botschaft beinhaltet, dass nur die Politiker kompetent genug seien, die Strategie des Weißen Hauses im Afghanistan-Krieg festzulegen und die Militärs lediglich Ausführer der Befehle der politischen Positionsträger sind.

Unterdessen stand im  Bericht von Arnold Fields, dem US-Generalinspektor für den Aufbau Afghanistans, dass die bisherige  Beurteilungsmethode des Weißen Hauses hinsichtlich der Kapazitäten der afghanischen Kräfte nicht korrekt ist. Es zeigte sich,  dass die Versprechungen die Washington in Bezug auf die Stärkung der afghanischen Armee und Polizeikräfte gemacht hat, nicht umgesetzt wurden. Im Bericht von Fields wird unterstrichen, dass die bisherige Vorgehensweise bei der Beurteilung der Kapazitäten der afghanischen Kräfte, welche  die  US-Regierung in den letzten 5 Jahren als wichtige Richtschnur heranzog,  fehlerhaft ist. Deshalb haben einige US-Positionsträger ihre Besorgnis darüber erklärt, dass die afghanischen Kräfte an die Vorderfront im Gefecht gegen die Taliban bei den kommenden Operationen in Khanadhar geschickt werden,   obwohl sie nicht die notwendige Ausbildung erfahren haben und keine moderne Ausrüstung besitzen.

Die politischen und militärischen Positionsträger der USA sind sich unter anderem auch darüber uneinig, ob im Afghanistan –Krieg besser zur Luft oder zu Boden operiert werden sollte. Zudem sind sich auch die afghanische Regierung und die US-Regierung nicht einig. Dies aber lässt den   Krieg gegen den Extremismus  scheitern.

Die Positionsträger der afghanischen Regierungen berufen sich auf die Ergebnisse der gemeinsamen Operationen, die vor einigen Monaten in der Provinz Helmand stattfanden und sind hinsichtlich der Folgen des Krieges in der Provinz Khandehar besorgt. Angesichts dessen, dass die ausländischen Kräften nicht die Taliban-Milizen in den beiden Städten Mardscha und Nad Ali in Helmand zerschlagen konnten, um dort  wieder Sicherheit und Stabilität in diesen beiden Städten herzustellen, denken die afghanischen Verantwortungsträger, dass die Umfassendheit  der Operationen in Khandehar im Vergleich zu dem kleinen Gebiet in Helmand, unliebsame Folgen haben wird.  Die afghanischen Verantwortungsträger befürchten, dass die  kommenden Operationen in Khandehar  keinen großen Beitrag zur Zerschlagung der Taliban-Gruppe leisten können, aber zu Verlusten unter den Zivilisten und zu Hunderten von Flüchtlingen führen werden.

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